Projekt Beschreibung
Di. 15.07.2003, Tag 2 – vom Sonntagskogel nach Piesendorf; zweitbeste Tagesleistung!
Die erste Nacht im „VW-Hinterzimmer“ – eigentlich ganz gemütlich, bis auf – Was war das? Alles feucht und saukalt! Durch die einen Spalt geöffnete
Ladetür drang die Flussfeuchte in unseren Wohnbereich. Also rein ins Winteroutfit und mal den Körper auf Betriebstemperatur bringen – mit Hilfe eines selbstgesiedeten Instant-Cappuccino startet es sich doch gleich viel gemütlicher in den Tag. Den Kastenwagen danach in die Sonne zum Trocknen gestellt und schon stand die nächste Improvisation an: Die Grafenbergbahn und die Grießenkar-Bahn hatten über den Sommer nur wechseltägigen Betrieb – natürlich war gerade an diesem Dienstag die Grießenkar-Bahn dran…
Während sich Gassi bergklar machte, hab ich den Seilbahnbediensteten und passionierten Gleitschirm-Flieger Josef ausgegraben, der für uns ausnahmsweise
die Bahn zwecks Bergfahrt in Betrieb nahm. „Uns?“, damit sind nicht etwa Gassi und ich gemeint! Vielmehr sollten zwei unserer grössten Anhänger einen X-Alps-Tag mit uns verbringen: Martini und Brändy waren für das „Regionalfernsehen Liezen“ zu uns gestossen um selbst einige Wettkampf-Eindrücke für die Nachwelt auf Film zu bannen.
Während Gass‘ gegen 8.30 Uhr die Forststrasse Richtung Sonntagskogel (1849m) in Angrif nahm, gondelte ich mit der „Filmcrew“ um etwa 10.00 Uhr Richtung Bergstation Grafenberg. Mit im Gepäck: Mein Gleitschirm-Equipment mit dem vielerprobten Kratzerschirm Flying Planet Whisper.
Ich hatte nämlich vor, Gassi heute als Thermik-Dummy zu dienen. Denn einen zweiten verhauten Wettkampftag in Folge wollten wir wenn irgendmöglich vermeiden.
Gassi wich teilweise von der sich schlängelnden Forststrasse ab, um keine Zeit Richtung Startplatz zu verlieren und die Sonne nicht noch stärker auf die Athletenstirn heizen zu lassen. So trafen wir uns nach 2.5 h Fussmarsch gegen 11.00 Uhr an der Bergstation.
Die Sonne heizte schon ordentlich in den exponierten Ostaufstieg, sodass wir vor der gemeinsamen Endetappe Richtung Sonntagskogel mal ein kleines Päuschen einlegten. Kurz vor Mittag trafen wir dann mit unseren Gleitschirmen am Rücken am Gipfel ein, wo die Fans unsere Bergankunft gebührend einklatschten.
Walter Holzmüller ist bereits am frühen Morgen auf den benachbarten Gabel weitergezogen, der doch rund 200 Meter höher gelegen war als unser Startberg Sonntagskogel. Er war es auch, der sich gegen 12.15 Uhr bereits in die Lüfte schwang und den Kampf gegen den vorherschenden Westwind aufnahm.
Die bereits einsetzende Thermik war sehr windzerrissen und so versuchte Walter mit nur 200m Gratüberhöhung bereits die nächste Talquerung. Durch die enge Talschneise vom Großarlbachtal wurden die Winde derart beschleunigt, dass der NOVA-Testpilot teilweise mit 17 km/h Rückwärtsfahrt zu kämpfen hatte!
Auf unserem Startberg beobachteten wir Walters vielleicht etwas verfrühten Versuch einige Meter Richtung Verbier zu machen. Nach etwa 45 Minuten sahen wir ihn dann am Fuss des Tennkogel einlanden – leider östlich davon…
Demnach hatten wir noch Zeit. Die Ablösungen aus Südwest wurden immer stärker und setzten sich in zunehmendem Masze gegenüber der vorherrschenden Nordwestlage durch. Durch diesen böigen Wind wurden auch unsere Startbedingungen nicht gerade vereinfacht:
Um 13.15 Uhr wagte ich dennoch den Start in einer kurzen etwas windschwächeren Phase. Airborne und schon erfasste mich der zerissene Westwind und beutelte mich kräftig auf und ab. Alles in allem äusserst anspruchsvoll zu fliegen und höchste Konzentration war gefragt. Ca. 50m über den Gipfel hatte ich dann meinen ersten richtigen und nicht provozierten Frontstall. Selten sieht man die Flares an der Eintritskante so genau wie in dem Moment, als das Segel vertikal nach unten zeigt…
Der Adrenalinschub bedingt durch die Mixtur aus geringer Bodenhöhe, einem Segel, das 90 Grad zur Flugrichtung zeigte und einem über 5 Sek. andauernden quasi „freien Fall im luftleeren Raum“ liess mich wahrscheinlich wieder ein paar Monate meiner Lebenserwartung einbüszen. Ich entschloss mich dazu, mich in geringer Höhe weiter Richtung Gern (1748m) zu kämpfen, um dort weiter aufzusoaren und genug Höhe zu machen, um die NW-ausgerichteten Hänge des Tennkogel (1975m) zu erreichen. Dann wäre der Anschluss Richtung Westen geschafft. Um es kurz zu machen: Nach einer dreiviertelstunde Flugdauer fand ich mich an einem kleinen Badesee in der Liechtensteinklamm bei St. Johann/Pongau wieder.
Der Wind am Startplatz wurde zumindest nicht mehr stärker und so schwang sich Gassi gegen 14.15 Uhr in die Lüfte. Der stark versetzte Starbart liess ihn nur schwer Richtung Westen ziehen, sodass er einmal sogar fast wieder am Gipfel einlanden musste. Doch Gassi war fähig, in der turbulenten Luftmase doch einen halbwegs zuverlässigen Aufwind zu nutzen um knapp 3000m Höhe zu machen – Steigwerte um die 6 m/s. Er flog die Querung etwas weiter westlich und natürlich mit weit mehr Höhe als ich.
Just in dem Moment als unser Athlet zur West-Querung Richtung Tennkogel ansetzte, tauchte plötzlich Carlos am Oberen Gründeck auf und kurbelte fleissig – während es mit Gerhard durch Sinkraten von bis zu 7 m/s bergab und kaum vorwärts ging (teilweise unter 5 km/h).
„Zach geht’s, Zach geht’s…“, meinte Gassi, nachdem er am Tennkogel mit nur mehr 500 über Grund wieder aufzusoaren begann – im Tal herrschten Nord-Ost-Winde vor. Wenn dieser Satz kommt ist bei ihm schon mal vorsichtiger Optimismus angebracht – es scheint machbar! Erneut stark gen Osten versetzte Bärte lieszen schlieszlich doch einen endgültigen Höhengewinn Richtung Basis zu und somit war die Ausgangslage für das Abfliegen der gesamten Salzachtales für die vorherschenden Bedingungen mehr als OK. So ging es über Dorfgastein und Rauris nach Querung der Fuscher Ache bis zum letzten für Gassi an diesem Tag kurbelbaren Thermikberg, dem Imbachhorn (2470m). Danach Gleitflug Richtung Piesendorf – der Teich in diesem Tal war wohl zu verlockend. Landezeitpunkt: 18.00 Uhr.
Piesendorf – damit war Gassi an diesem Tag sogar etwas weiter gekommen als eigentlich für den strategisch notwendigen Aufstieg zur Schmittenhöhe (1956m und Ausgangspunkt des „Pinzgauer Spazierganges“) für den nächsten Tag notwendig gewesen wäre. Egal mit der zweitbesten Tagesleitung konnten wir sehr zufrieden sein. Kurz noch Relaxen am Teich, bevor es Gassi gleich wieder
hochzog Richtung geplantem Startplatz auf der Schmittenhöhe – spätestens jetzt hatte das Rennfieber unseren Athleten voll gepackt! Der Dämpfer von gestern lässt sich mit einer solchen Leistung ja bestens verarbeiten – finales Bewerbsranking an diesem Tag: Platz 9.
Nach kurzer Einkehr zwecks Verzehr eines „Salats Henriette“ marschierte Gerhard über Aufhausen Richtung Schmittenhöhe. Wo wir auf etwa 1100m nächtigten. Bleiben noch gut 800 Höhenmeter für den nächsten Tag – absolut machbar!
Ich erledigte meine Prognose und Webupdate-Pflichten im Golfhotel Select und um 22.15 Uhr trafen wir uns wie vereinbart am Parkplatz vor einem Bauernhof. Diese Nacht sollte wesentlich wärmer und vor allem trockener werden als die letzte…
Time to bed: 23.00 Uhr.
Zwischenklassement – Tag 2:
Platz
|
Name
|
Tagesleistung (km)
|
Gesamtleistung (km)
|
1 |
04 CH 1 Henny
|
51 | 135 |
2 |
05 CH 2 Lötscher
|
54 | 114 |
3 |
08 GER 2 Friedrich
|
39 | 106 |
4 |
09 GER 3 Herfurth
|
29 | 103 |
5 |
13 RUM Coconea
|
40 | 97 |
6 |
17 USA / CAN Gadd
|
29 | 89 |
7 |
10 ITA Frötscher
|
22 | 87 |
8 |
14 SLO Rozic
|
17 | 73 |
9 |
12 POL Ziolkowski
|
21 | 68 |
10 |
01 AUT 1 Gassner
|
41 | 67 |
11 |
02 AUT 2 Holzmüller
|
41 | 67 |
12 |
07 GER 1 Bocks
|
24 | 67 |
13 |
03 BUL Vasilev
|
34 | 67 |
14 |
15 TUR Buhara
|
26 | 63 |
15 |
11 MEX Carsolo
|
25 | 63 |
16 |
06 FRA Dagault
|
34 | 56 |
17 |
16 UK Shaw
|
15 | 51 |